Ehemaliges Backhaus wird Firmensitz
Vor 490 Jahren wurde urkundlich (1) erstmalig der Willerstedter Backofen (1525) im Zusammenhang mit den Bauernunruhen genannt. Viele Generationen von Pacht-Bäckern haben hier gewirkt, wie zum Beispiel: 1620 Hans Ladensack (2), 1638 Martin Riemann, 1752 Hans Georg Ladensack, 1805 Andreas Sennewald, vor 1870 Johann Adolf Heinrich Weidig, 1880 B. Kirsch, 1896 Karl Otto Eberhardt, 1902 Fritz Müller, 1928 Eugen Kindler, 1931 Paul Schlevogt, in 40er Jahren Rudi Färber, Ende der 40er Jahre mehrfach Aushilfe durch Heinz Lange aus Rudersdorf, 1948 kam (3) Willy Köhler aus Naumburg und blieb einige Jahre. Ebenso danach Claus „Gräfe“ (oder „Grafee“) aus Kahla. Als Stadtbäcker hätte er mit den Willerstedter Verhältnissen am Anfang einige Probleme gehabt. Der letzte Bäcker in Willerstedt soll an der Schwelle der 60er Jahre Herr Mönch aus Ingersleben gewesen sein (3). An seine geschmackvollen Brötchen erinnern sich heute noch einige Willerstedter. Später in den 60er Jahren wurde aus der Not heraus ein wenig „improvisiert“ – Bäcker aus den Nachbardörfern führten Backtage durch und waren zu Höhepunkten, wie der Kirmes, vor Ort.
Das Backhaus hatte auch einige Besonderheiten, z. B. keinen Brunnen. Die Bäcker holten das gesamte Wasser in Eimern vom Teichborn am Mahl–Sommer wie Winter über Jahrhunderte. Erst 1934 kam die Trinkwasserversorgung von Sachsenhausen nach Willerstedt. Am Backhaus gab es auch keinen größeren Hausgarten. Vor der Separation war das Bäckerland über den Mühlgraben und danach hinter den Pappeln am Hangsborn. Das Bäckerland war für die Eigenversorgung wichtig, einschließlich der Fütterung von Schweinen und Geflügel. Später wurde ein Vorgärtchen am Backhaus eingerichtet. Im Jahre 1945 entstand ein Brand im Bereich des westlichen Giebels des Backhauses, wo Stroh und Heu gelagert waren. Es wurde relativ schnell und auch größer wieder aufgebaut, um vor allem mehr Wohnraum zu schaffen. Nach dem Ende des Backbetriebes wurde das Haus als Poststelle und Gemeinschaftseinrichtung der Tierärzte sowie zuletzt als Gemeindeverwaltung und für das Franz Magnus Böhme Zimmer genutzt. Mietwohnungen im Backhaus gab es fast durchgehend seit 1946.
Unser Mitbürger Percy Rusche erwarb im Dezember 2014 das ehemalige Willerstedter Backhaus. Schon seit den ersten Tagen des neuen Jahres wird fleißig, vor allen durch die betriebseigenen Fachleute, am Umbau und der Modernisierung des repräsentativen Hauses gearbeitet. Im Obergeschoss entstehen zwei geräumige Mietwohnungen und Parterre werden Räume für das Unternehmen geschaffen. Umfangreiche Arbeiten in den Bereichen: Sanitär, Elektrik und für die Wärmedämmung müssen bewältigt werden. Wir wünschen der Unternehmerfamilie Rusche viel Glück und Erfolg bei der Erhaltung des geschichtsträchtigen Grundstückes.